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Rüber


Was verbinde ich zuerst mit Rüber? Leider den Coronavirus, denn während ich hier unterwegs war, spitzte sich die Lage mehr und mehr zu und hier wurde mir klar, nun betrifft es auch mich. Hier lernte ich auch meinen ersten Menschen kennen, der indirekt betroffen war. Eine Andernacher Schule war die erste die geschlossen wurde und so traf ich eine Lehrerin, die nach Hause geschickt worden war, aber am Freitag wieder arbeiten gehen sollte. Als ich am Montag begann, war noch kein Gedanke daran, dass ich in einer Woche die Nachricht bekommen könnte, keinen Strom mehr ablesen zu dürfen.

Ab Mitte der Woche begannen sich die Gespräche mit den Leuten, mehr und mehr um Corona zu drehen. Am Donnerstag bekam ich die Nachricht, dass meine Konzertkarten nicht mehr gültig wären und am Freitag platzte mir der Kragen, weil mir die Leute alles weggekauft hatten. Bisher lebte ich eigentlich noch unter folgendem Motto:

aber am Samstag fing ich an, mich beim Klingeln schon als Eindringling zu fühlen. Innerlich beschloss ich, ab der nächsten Woche, auch zum Eigenschutz; an der Tür stehen zu bleiben oder gleich nur noch Karten zu verteilen.

In schwierigen Zeiten gibt es ja oft sarkastische Sprüche, der von meinem früheren König gefiel mir besonders gut ;-)


Am Samstagabend war der Chor und ich zum 50. Geburtstag eingeladen. Schon im Vorfeld gab es Diskussionen wegen der Teilnahme und so blieben letztendlich nicht nur ältere Chormitglieder zu Hause. Der Jubilar tat mir wirklich leid, er hatte sich so auf diese Feier gefreut und nun war die Zahl der Gäste doch erheblich geschrumpft. Das Geburtstagskind geht, wie ich auch, Strom ablesen, allerdings für die Stadtwerke Koblenz und so war auch sein Chef anwesend. Ich suchte das Gespräch mit ihm, um seine Meinung zum zukünftigen Verhalten, gegenüber den Stromkunden zu erfahren. Leider war da, noch gar kein Verständnis zu hören und der Sympathiebonus war sogleich aufgebraucht. Mir fiel die alte Frau ein, die mir ihren Schlüssel durch das Fenster reichte, damit ich das Hoftor aufschließen und eintreten konnte. Dieser Mensch da vor mir, hätte nie erfahren, dass er das Tor auch wieder 2x zuschließen soll. An der Haustür war über die Türklinke eine Socke gezogen worden, ich frage mich noch immer warum...

Aber genug von Corona, Corinna und Carina, viel lieber erzähle ich von meinem schönsten Erlebnis in Rüber und das waren ganz klar Eulen. Wiedermal stand ich vor einer Tür, die niemand öffnete. So guckte ich in der Gegend herum und sah hoch oben in einem Baum, so etwas wie einen abgebrochenen Ast. Ich sah genauer hin und bemerkte wehende Federn und so erkannte ich eine Eule im Baum. Nein, es waren sogar 2! In dem Moment kam eine Frau um die Ecke, die ins Haus wollte. Ich fragte sie, ob sie von den Eulen wüsste. Sie verneinte und erklärte mir, dass da immer nur Tauben sitzen würden. Auch sie freute sich nun über die Eulen. Ich ging zum nächsten Haus und auf dem Rückweg, sah ich den Baum von der anderen Seite. Ich wollte meinen Augen nicht trauen, denn nun sah ich 4 Eulen im Baum sitzen. Als ich versuchte sie zu fotografieren, fühlte sich eine gestört und flog weg. Die ganze Zeit hatte ich den Dessauer Tierpark im Kopf, denn nur von hier kannte ich Eulen von so nah und...lach...mir fiel Onkel Uhu aus dem Märchenwald ein. Erst auf dem vergrößerten Foto konnte ich, die großen Ohren erkennen und so wusste ich, das müssen Waldohreulen sein. Wenn ich diese Bilder sehe, dann setzt sich ein Lächeln in mein Gesicht, welches nicht mehr verschwinden will.

Ähnlich große Vögel die mir auch ein Schmunzeln entlockten, waren die Haubenenten. Ich hatte bisher noch nie von ihnen gehört. Meine Eltern hatten früher immer Enten im Garten und so unterlag ich dem Trugschluss, die meisten Entenarten zu kennen. Ich muss zugeben, ich liebe Entenbraten und vor allem den von den Pekingenten, Flugenten dagegen brauch ich gar nicht. Mir stellte sich die Frage, ob der Puschel auf dem Kopf dieser Landente im Geschmack wohl das Tüpfelchen auf dem i ist. Ach ja, was werden wohl jetzt wieder die Vegetarier denken... Leider hörte ich weder ein Raab, Raab noch hatten die Eulen ein Uhu für mich übriggehabt. Was mir in Rüber aber wirklich auffiel, war das laute Spatzengezwitscher. Ich weiß noch, 2002 wurde der Spatz oder Sperling zum Vogel des Jahres gekürt, weil es immer weniger davon gab. Ich wunderte mich damals, weil wir auf dem Hof einen Walnussbaum hatten, in dem die Spatzen ihre Nachtruhe hielten. Man konnte nicht mehr, unter diesem Baum sitzen, ohne beschissen zu werden. Sorry, für dieses Wort, aber wir waren manchmal echt sauer. Es sah nicht mehr schön aus unter diesem Baum. Das Schlafzimmerfenster war direkt am Baum und so konnten wir hören, wie sich die Spatzen voneinander verabschiedeten und wieder aufwachten. Ich dachte oft, es ist wie bei den Menschen. Einer hat immer noch was zu sagen und kann noch nicht schlafen und beim Aufwachen das Gleiche. Einer ist schon wach und weckt den nächsten und dann wird es immer lauter, weil jeder etwas zu tschilpen hat. In Rüber ist die Natur also noch intakt, denn es gibt viele Spatzen. Die werden hier aber auch besonders verwöhnt, denn sie bekommen hier Weihnachtsbäume hingestellt, an denen statt Glaskugeln Vogelfutterkugeln hängen.

Es gab aber noch mehr tierische Erlebnisse, vor allem mit Hunden. Am süßesten war wohl der Schäferhundwelpe der mir 3x über den Weg lief. Zuerst bei den Großeltern des Besitzers, die tagsüber auf ihn aufpassten, dann als er abgeholt wurde und in sein eigentliches Zuhause gebracht wurde und dann in seinem Zuhause. Schade, dass ich ihn nicht auch noch auf dem Hundeplatz getroffen habe. Dort hielt ich nochmal auf der Heimfahrt an, nachdem mir erzählt wurde, donnerstagabends ist dort immer etwas los.

Große Hunde gibt es viele in Rüber, ich glaube, mir sind noch nie so viele, in einem Ort, begegnet wie dort. Mir fällt der Irische Wolfshund ein. Ich stand nicht ganz auf der obersten Stufe der Treppe und als er durch die offene Tür guckte, war sein Kopf auf meiner Höhe. Ich glaube, in diesem Moment habe ich sehr verdutzt geguckt. Oder die kroatischen Hütehunde, die sich eine kroatisch stämmige Familie auf den Hof geholt hat. Die schrecken ganz sicher jeden Einbrecher ab. Zum ersten Mal sah ich einen braunen Neufundländer, ich dachte bisher immer, die gibt es nur in schwarz. Der braune sah für mich aus wie ein Teddybär, den man einfach umarmen möchte.

Ich habe ja immer ein bisschen Bammel, wenn ich durch ein Tor in einen Hof eintreten muss, weil die Klingel erst an der Haustür ist. In Rüber stand ich mal wieder da, als ein (ich würde sagen) Rhodesian Ridgeback um die Ecke kam. Ich sprach mit ihm und er lief fort, um mit einem Stiefel wiederzukommen. Puh, er wollte nur spielen.






Die Menschen hier kümmern sich aber nicht nur um die Tiere, sie denken auch an ihre Kinder, wie man an diesem Spielplatz gut erkennen kann.










In einem Haus musste ich mal wieder bis auf den Dachboden, um den Strom abzulesen und so sah ich die Burg, die sich dort die Kinder aus Kartons und Tüchern gebaut hatten. Ich war begeistert, dachte an die Buden, die wir uns früher, unter dem großen Tisch meiner Oma, gebaut hatten und konnte mir den Spaß vorstellen, den die Kinder hier gehabt haben und hoffentlich noch haben.

Nun muss ich doch noch einmal zu den Tieren zurückkehren. Ich sah 2 Ziegen die mich hinter ihrem Zaun anguckten, als würden sie, auf etwas warten. Manchmal stehe ich echt auf dem Schlauch, denn als ihnen Passanten etwas zu fressen gaben, wusste ich, worauf sie gewartet hatten. Ob die Zwerge wohl auch auf etwas warten?

Die Schafe dagegen schauten mich an, als würden sie sagen, was willst du denn hier! Hätte ich ihnen sagen sollen, ich suche nur einen Platz zum Pullern? Habe ich nicht getan, denn als ich um die Ecke kam, sah ich, dass es hier noch einen Eingang zum Haus gab und ich so doch noch meine eigentliche Aufgabe erfüllen konnte.

Wie immer muss ich ein paar Worte zur Kirche sagen. Die katholische St. Margarethenkirche überrascht mit ihrer warmen und freundlichen Atmosphäre. Die seitliche Wandbemalung in Form eines Vorhanges kannte ich bisher nur aus der Wittenberger Schlosskirche und schon da hat sie mir sehr gefallen. Ein Flyer im Eingangsbereich fiel mir auf, der nach Maria Laach einlud, um sich dort Bauhauskeramik anzusehen. Leider war die Ausstellung inzwischen beendet, sonst wäre ich dort gerne hingefahren. So wurde ich in dieser Kirche gleich 2x an meine alte Heimat erinnert.

Schöne alte Gebäude gibt es viele in Rüber, hier z.B. das alte Schulgebäude mit Backes.

Auch in Rüber musste ich mal wieder alte Mühlen aufsuchen, diese hier war wirklich besonders, von außen wie von innen.

Apropos besonders... Ich durfte Herbert Durben kennenlernen, einen Sammler wie ich ihn noch nicht kennengelernt habe. Er fuhr mit mir in seine Hallen und weil in der Zwischenzeit Leute kamen, hatte ich Zeit mir alles genau anzugucken. Ich war fasziniert von diesem Angebot, denn schon längst verkauft er nicht nur Oldtimer sondern, wie auf seiner Website zu sehen ist, auch alte Alltagsgegenstände. Man lernt ja nie aus oder "Du wirst alt wie ´ne Kuh, du lernst immer noch dazu!" Hier sah ich zum ersten Mal alte belgische Öfen. Wunderschön...wenn ich nur wüsste, wo ich mir den hinstellen könnte?!

Das Wetter während meiner Ablesezeit war nicht wie März sondern eher wie April. Mein Ablesegerät hatte mir einen Streich gespielt und zeigte mir am Montag in jeder Straße nur eine Hausnummer an oder so ähnlich, so dass ich diesen wunderbaren sonnigen und warmen Tag nicht nutzen konnte. Den Dienstag konnte ich ebenfalls nicht nutzen, denn es regnete, wie vom Wetterbericht angekündigt, den ganzen Tag. Mittwoch, als ich endlich beginnen konnte, war es zwar sonnig, aber kalt und windig. Der Wind ging mir echt auf den Nerv und ich bemerkte erst, als ich im Auto Pause machte, wie warm doch die Sonne ist. Was mir aber gefiel, waren die Frühlingsgrüße, die man in Rüber überall finden konnte.

Und dann war da noch das andere Rüber, das was sich in der Nähe von Lonnig befindet und Wohnen mit Pferden beinhaltet. Ich muss gestehen, ich fühlte mich, wie in einer anderen Welt. Alleine die Aussichten bis zu den Vulkanbergen waren grandios. Ich wurde zum Frühstück eingeladen, an einen Tisch vor einer großen Glasfront mit freiem Blick bis Münstermaifeld, einfach fabelhaft, aber ich lehnte ab. Heute hatte ich leider keine Zeit zu verschenken, denn ich wusste, ich würde noch bei einer Bekannten klingeln und hoffte dort auf einen kurzen Plausch. Außerdem war schon Samstag und da ist der Nachmittag für mich Tabu. Als ich mir noch vorstellte, wie glücklich die Menschen hier doch sein müssten, lernte ich eine Frau kennen, die gerade von ihrem Pferd kam und sich durch mich und ihren Mann, der mich nicht klingeln gehört hatte, so stressen ließ, dass ich diesen Gedanken ganz schnell wieder verwarf. Gewohnheit macht vieles kaputt, da helfen wohl die tollsten Häuser, schönsten Grundstücke und großartigsten Aussichten nichts.

Vielleicht war ich den Weg hierher, schon einmal gefahren, aber erst jetzt wurde mir, die Schönheit bewusst, auf einer Höhe mit der Matthiaskapelle und der Moseltalbrücke zu sein und dabei auch noch den Fernmeldeturm von Koblenz im Blick zu haben.

Willkommen und Abschied in Rüber, selten bin ich, so oft überrascht worden wie hier.

















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